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Verwerfung weil verwerflich?

TikTok in „konservativen“ Ländern in Zeiten von Progressivität und Konservatismus – Erfahrungen des Psychologen und Generationenforscher Rüdiger Maas mit TikTok in Pakistan


4.500 Meter über dem Meeresspiegel im Himalaya-Gebirge in Pakistan: Es schneit und ein eisiger Wind weht. Aus einem Auto steigen mehrere Frauen aus Karachi (Süd-Paksitan) in Highheels aus. Sie drehen TikTok-Videos.


Verrückt? Nein, dass ist die Generation Z (Zwischen 1995 und 2010 Geborene). TikTok hat auch den abgelegensten Fleck der Erde erreicht. Und die jungen Pakistani tun genau dass, was die jungen Leute auch hierzulande tun: Permanentes Smartphone-wischen und exzessive mediale Selbstinszenierung auf den Social Media-Plattformen – zu jeder Tageszeit und an jedem erdenklichen Ort.[1]


TikTok kennt keine Grenzen. TikToker auf 4.500 Metern

Erfahrungen, die der Psychologe und Generationenforscher Rüdiger Maas auf seiner Forschungsreise zum Social Media Verhalten in Pakistan gemacht hat. Viel zu wenig wissen wir über die Auswirkungen der Social Media-Welt auf die jungen Menschen, meint Maas. Der Fokus zur Untersuchung der Generation Z beschränkt sich im „Westen“ wesentlich auf den „Westen“. Die halbe Welt wird von Forschungen über das Internetverhalten exkludiert. Ein Fehler, wenn wir sehen, dass sogar im Himalaya-Gebirge TikTok-Videos gedreht werden.

Für die Generation Z (zwischen 1995 und 2010 Geborene)[2] ist Tiktok zum Lebenselixier geworden. Die Kurzvideo-App ist im Jahr 2020 die am meisten heruntergeladene App in den Stores von Google und Apple.[3] Besonders in vermeintlich konservativen Ländern wie Pakistan, die bei den Rankings der Downloadzahlen in den letzten Jahren vorne mit dabei waren. Im Jahr 2019 gehörte Pakistan unter die Top5 der Länder mit den meisten Downloads von TikTok.[4]


In seinem neuen Buch „Cyberpsychologie“ versucht Maas unterschiedliche Länder mit ihrem Internetnutzungsverhalten und ihre Kontexte mit in die Forschung zu integrieren. Zwar wissen wir bereits über die immensen Auswirkungen von Social Media auf die Entwicklung und das Verhalten bei jungen Menschen,[5] jedoch wissen wir vieles nur im jeweils untersuchten westlichen Kontext, nicht jedoch in Ländern wie Pakistan. Maas versucht hier einen anderen Weg zu gehen: Inspiriert durch seine Forschungsreisen berichtet er in seinem neuen Buch über Erkenntnisse des Social Media Verhaltens rund um den Globus. Als Experte für Cyberpsychologie und Leiter des Instituts für Generationenforschung besorgt Maas diese „Forschungsignoranz“ gegenüber dem Osten, zumal im Osten ein weiteres Bevölkerungswachstum zu erwarten ist, wodurch Social Media hier viel stärkeren Einfluss haben wird als im Westen.


Die TikTok-Welle hat mittlerweile globale Größe bekommen. Die gesellschaftlichen Ausmaße für vermeintlich konservative Länder wie Pakistan sind noch ungewiss. Alleine schon wegen der anderen Bevölkerungszusammensetzung: Während in Deutschland nur circa 20% der Bevölkerung unter 25 Jahre alt ist, ist in Pakistan mehr als die Hälfte der Bevölkerung in diesem Alter.[6] Hinzu kommt die grundlegend andere gesellschaftliche und politische Situation Pakistans – Mit den Kontexten in welche unsere Generation Z hierzulande aufgewachsen sind, keineswegs vergleichbar:

Pakistan gilt offiziell zwar als parlamentarische Demokratie, jedoch hat das Militär einen großen Einfluss auf die Politik. Meinungs- und Pressefreiheit sind erheblich eingeschränkt, sowohl durch die Regierung, als auch durch extremistische Organisationen in Pakistan, die viele Gesellschaftsbereiche unter Druck setzten können.[7] Medien in der Landessprache Urdu werden durch die Regierung kontrolliert.[8]


TikTok wurde am 09.10.2020 für pakistanische User verboten. Die Telekommunikationsbehörde Pakistans gab als Grund für das Verbot Beschwerden von Teilen der pakistanischen Bevölkerung gegenüber der Plattform an, sie zeige unmoralische und unanständige Inhalte.[9] Im Vorfeld des Verbots wurden im Juni des gleichen Jahres mehrere pakistanische TikToker in die pakistanische Fernsehsendung „Bol nights“ eingeladen. Dort wurde das Thema diskutiert. Das wohl auf den ersten Blick Überraschende: Die TikToker bekundeten der Regierung ihre Unterstützung, selbst wenn die App verboten wird. Sie selbst beklagten die unangemessene Sprache auf TikTok und den mangelnden Jugendschutz. Letztlich war das Verbot jedoch nicht von langer Dauer: Eine großangelegte Petition setzte sich durch.[10] Allerdings m